Concerto
Countertime
Choreografie von Kenneth MacMillan
Mrs. Robinson
Countertime
Choreografie von Cathy Marston
Colorful Darkness
Countertime
Choreografie von Bryan Arias
Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
Die Einführungsmatinee findet am 4 Mai 2025 statt.
Partnerin Ballett Zürich
Termine & Tickets
Mai 2025
10
Mai19.00
Countertime
Choreografien von Kenneth MacMillan,
Cathy Marston und Bryan Arias, Premiere
Preise D: CHF 208 / 183 / 162 / 97 / 37 / 29
Premieren-Abo A
11
Mai19.30
Countertime
Choreografien von Kenneth MacMillan,
Cathy Marston und Bryan Arias
Preise C: CHF 179 / 162 / 140 / 61 / 25 / 20
Premieren-Abo B
16
Mai19.00
Countertime
Choreografien von Kenneth MacMillan,
Cathy Marston und Bryan Arias
Preise C: CHF 179 / 162 / 140 / 61 / 25 / 20
Ballett-Abo Klein
23
Mai19.00
Countertime
Choreografien von Kenneth MacMillan,
Cathy Marston und Bryan Arias
Preise C: CHF 179 / 162 / 140 / 61 / 25 / 20
25
Mai14.00
Countertime
Choreografien von Kenneth MacMillan,
Cathy Marston und Bryan Arias
Preise C: CHF 179 / 162 / 140 / 61 / 25 / 20
Sonntag-Abo B
Countertime
Choreografien von Kenneth MacMillan,
Cathy Marston und Bryan Arias
Preise H: CHF 75 / 59 / 44 / 25 / 15 / 11
AMAG Volksvorstellung
Juni 2025
05
Jun19.00
Countertime
Choreografien von Kenneth MacMillan,
Cathy Marston und Bryan Arias
Preise C: CHF 179 / 162 / 140 / 61 / 25 / 20
Donnerstag-Abo B
25
Jun19.30
Countertime
Choreografien von Kenneth MacMillan,
Cathy Marston und Bryan Arias
Preise C: CHF 179 / 162 / 140 / 61 / 25 / 20
Mittwoch-Abo B
Gut zu wissen
Countertime
Kurzgefasst
Countertime
Mit vielfältigen Bezügen taucht dieser dreiteilige Ballettabend in die Welt der Fünfziger und Sechziger Jahre ein. Vor allem in den USA werden damals viele in Konventionen erstarrte gesellschaftliche Strukturen aufgebrochen.
In Charles Webbs Roman The Graduate aus dem Jahr 1963 lässt sich ein frisch diplomierter College-Absolvent aus gutbürgerlichem Haus mit der attraktiven Mrs. Robinson ein, einer verheirateten Frau aus dem Freundeskreis seiner Eltern. Er verliebt sich dann aber in deren Tochter, was zum Eklat führt. Die Verfilmung des Buches mit Dustin Hoffman in der Hauptrolle besitzt Kultstatus. Cathy Marston erzählt die Geschichte in ihrem 2022 in San Francisco uraufgeführten Ballett Mrs. Robinson konsequent aus der Perspektive ihrer Titelheldin und unternimmt dabei den Versuch einer Rehabilitierung. Endet Mrs. Robinsons Suche nach Abwechslung aus ihrem unerfüllten Hausfrauendasein im Alkohol, oder ist da doch die Chance auf ein neues Leben?
Zum ersten Mal tanzt das Ballett Zürich eine Choreografie von Kenneth MacMillan. Der gebürtige Schotte gehörte zu den führenden Choreografen des 20. Jahrhunderts. Er leitete das Royal Ballet London und das Ballett der Deutschen Oper Berlin. In seinem 1966 entstandenen Concerto zur Musik von Schostakowitschs Zweitem Klavierkonzert lädt er Bewegungen von konzentrierter Einfachheit mit Emotion auf. Vor allem der Pas de deux des zweiten Satzes wurde als «ein Stück reiner choreografischer Poesie» gefeiert.
Mit der 1957 uraufgeführten West Side Story hat Leonard Bernstein Musicalgeschichte geschrieben. Shakespeares Romeo und Julia in das New York der 1950er-Jahre zu versetzen, erwies sich als Geniestreich. Statt eines alten Familienzwists steckte der Sprengstoff der Handlung nun in der Rivalität zweier Jugend-Gangs: Die amerikanischen Jets kämpfen gegen die Sharks – Einwanderer aus Puerto Rico. Höhepunkte aus dem Musical stellte Bernstein später in den orchestralen Symphonic Dances zusammen. Bryan Arias ist auf Puerto Rico und in New York aufgewachsen. Seinen Zugang zu Bernsteins Musik findet der Choreograf im puertoricanischen Karneval und entwickelt mit dem Ballett Zürich eine grosse «fiesta de la vida y del amor».
Interview

Ein Fest in unangenehmer Freiheit
Der Choreograf Bryan Arias ist in Puerto Rico und in New York aufgewachsen. Heute lebt er in Basel. Die «Symphonic Dances» aus Leonard Bernsteins «West Side Story», die er mit dem Ballett Zürich auf die Bühne bringt, verortet er im puerto-ricanischen Karneval. Ein Gespräch.
Bryan, 2021 hast du dich in Zürich erstmals mit einer Choreografie für das Junior Ballett vorgestellt. In Pure Coincidence hast du mit sechs Tänzerinnen und Tänzern auf hintersinnig-humorvolle Weise gezeigt, dass alles im Leben seine Konsequenzen hat. Welche Konsequenzen hatte diese Arbeit für dich als Choreograf, wie ist es seit damals für dich weitergegangen?
Das Erzählen von Geschichten ist für mich ebenso reizvoll, wie mich in ein abstraktes Thema zu vertiefen. Beide Aspekte kamen damals in meiner Arbeit mit dem Junior Ballett zusammen, und auf gewisse Weise schliesse ich daran jetzt in meiner ersten Arbeit für das Ballett Zürich an. Der Raum, in dem sich eine Choreografie ereignet, ist mir noch wichtiger geworden. Darüber hinaus versuche ich, die Tänzerinnen und Tänzer in ihrer Menschlichkeit sichtbarer zu machen. Sie als Persönlichkeiten zu zeigen, die mehr ausmacht als die Tatsache, dass sie jeden Tag zum gemeinsamen Tanzen ins Theater kommen.
Musik von Leonard Bernstein führt dich jetzt zurück nach Zürich. In seinem Musical West Side Story geht es um ethnische Konflikte zwischen PuertoRicanern und US-Amerikanern im Manhattan der 1950er-Jahre. Puerto Rico und New York waren die Orte, an denen du aufgewachsen bist. Was haben sie für deine Biografie, aber auch für deine Prägung als Choreograf bedeutet?
Natürlich eine Menge! Selbst jetzt, wenn ich mich hier im Studio aufwärme, habe ich Salsa-Klänge auf meinen Kopfhörern. Mein ausgeprägter Gemeinschaftssinn, gepaart mit dem Bedürfnis, mich auszudrücken, haben dort ganz sicher ihre geografischen Wurzeln. Ein prägender Teil unserer Kultur sind die gemeinsamen Feste, die uns immer wieder zusammenführen. Das Ringen widerstreitender Kräfte ist das grosse Thema in der West Side Story, aber angesichts der eigenen Vergänglichkeit werden selbst die grössten Konflikte plötzlich klein und unbedeutend.
Anfang 2024 warst du an der Wiener Volksoper Choreograf und Co-Regisseur einer Neuproduktion der West Side Story von Lotte de Beer. Was war das für eine Erfahrung? Es war mein erstes Musical überhaupt und bei allem Spass eine Lektion für’s Leben. Selbst, wenn man da als Choreograf engagiert ist, geht es eben doch um viel mehr als nur um Tanz. Schauspiel, Gesang, die multifunktionale Bühne – das alles muss man plötzlich mitbedenken. Und das heisst natürlich auch, sich auf tanzende Schauspieler einzulassen, die eigene choreografische Herangehensweise für genau diese Darstellerinnen und Darsteller zu justieren und das Beste aus ihnen herauszuholen.
Mit dem Ballett Zürich wirst du die Symphonic Dances auf die Bühne bringen, die Bernstein aus seiner Musical-Partitur für den Konzertsaal destilliert hat. Sehr wahrscheinlich wird sich deine Lesart von deiner Wiener Arbeit unterscheiden…
Das ist so. Es ist die Rückkehr auf ein mir vertrautes Terrain und gibt mir die Chance, hoffentlich noch tiefer in diese Musik einzutauchen und ihr choreografisches Potenzial in anderer Weise auszuschöpfen.
Welche Erfahrungen aus der Arbeit am Musical kommen dir jetzt zugute, und wie wirken so berühmte Nummern wie Somewhere oder Maria, wenn man sie in einen anderen Kontext stellt?
Ich möchte den Tanz und die Musik so miteinander verbinden, dass man nicht mehr darüber nachdenkt, in welchem ursprünglichen Kontext ein Stück bis dato erklungen ist. Interessanterweise macht Bernstein es einem leicht: Die Musik steuert die Bewegung. Dass wir die Symphonic Dances auf die Bühne bringen, heisst jedoch nicht, dass dabei eine Pick-Pocket-Version der West Side Story herauskommt.
Was die choreografische Umsetzung angeht, gibt es von Seiten der Verleger sehr strenge Vorgaben. Auf keinen Fall, so fordern die Rechteinhaber, darf deine Choreografie dramatische Elemente aus der West Side Story enthalten, das heisst also, keinerlei Anklänge an das Buch, die Figuren, die Kostüme, die Kulissen oder die Originalchoreografie von Jerome Robbins. Ist das eine Einschränkung für dich oder eher die Möglichkeit von ungeahnter Freiheit?
Ich verstehe die Notwendigkeit, etwas historisch so Wertvolles zu schützen, und versuche, diese Regularitäten nicht als gegen mich gerichtet zu betrachten. Wahrscheinlich wäre es auch zu einfach, jetzt wieder mit konkurrierenden Gangs in New York oder Puerto Rico zu kommen. Insofern schaue ich nach vorn und nehme gern die Herausforderung an, etwas Neues zu wagen.
In einem früheren Gespräch hast du mir gesagt, dass Musik für dich dann am spannendsten ist, wenn sie zum Widerspruch und zur Konfrontation anregt. Haben die Symphonischen Tänze dieses Potenzial?
Und wie! Mittlerweile stehe ich um 6 Uhr morgens auf, um die Musik zu hören, mir Lösungsmöglichkeiten zu überlegen, vielleicht auf Nummer sicher zu gehen und am Ende das Gegenteil zu machen. Die grosse Herausforderung in der Partitur ist ihre Inkonsistenz. Ständig ändern sich die Zählzeiten, und bei den vielen Tempo- und Instrumentenwechseln wird es garantiert nicht langweilig.
Das ist ganz im Sinne Bernsteins. «Ein Kunstwerk beantwortet keine Fragen, es provoziert sie», hat er gesagt. «Und sein wesentlicher Sinn ist die Spannung zwischen den widersprüchlichen Antworten.» Beschreibt das die Erfahrung, die du gerade beim Choreografieren machst?
Absolut. Aber nicht nur bei Bernstein, sondern auch bei vielen anderen zeitgenössischen Partituren. Du hörst etwas, was dir vielleicht vertraut vorkommt, und der Körper möchte auf eine offensichtliche Weise reagieren. Das ist der Moment, in dem du dich zum Widerspruch durchringen musst.
Du hast von den abstrakten und narrativen Elementen in deinen Choreografien gesprochen. Wovon erzählst du in deinen Symphonic Dances?
Die Feste in Puerto Rico sind nicht nur reine Feiern eines Gemeinschaftsgefühls, sondern finden immer auch im Bewusstsein einer Endlichkeit statt. Angesichts der vielen Veränderungen, die aktuell in der Welt vor sich gehen, kann man sich diesem Gedanken gar nicht verschliessen. Trotzdem haben wir das Bedürfnis, uns selbst zu feiern. Aber es wird immer öfter Momente geben, in denen wir allein sind, in denen wir zweifeln, in denen wir sterben. Die Spannung zwischen diesen beiden Polen auszuhalten, darum geht es.
Als wir anfingen, über diese neue Choreografie zu nachzudenken, kamst du sehr bald auf Elemente des puerto-ricanischen Karnevals zu sprechen. Welches Echo haben sie in deinem Stück gefunden?
Ein unverzichtbarer Bestandteil des Karnevals in Puerto Rico sind die sogenannten Vejigantes. Der Begriff «vejigante» leitet sich von den Wörtern «vejiga» (Blase) und «gigante» (Riese) ab, was auf den Brauch des Aufblasens und Bemalens von Kuhblasen zurückzuführen ist. Die folkloristischen Figuren tragen weit ausladende Kostüme, die mit fledermausartigen Flügeln versehen sind. Dazu kommen farbenfrohe, verzierte Masken, die von Ort zu Ort unterschiedlich sind. Die Vejigantes haben ihren Ursprung in Spanien. In Puerto Rico wurden sie zu einem Symbol für den Kampf zwischen Gut und Böse. Es gibt Künstler, die ihr ganzes Leben der Herstellung dieser Masken widmen, und inzwischen überbietet man sich mit immer bunteren Farben, immer grösseren Hörnern. Bei den Karnevalsparaden werden diese Kostüme und Masken voller Stolz präsentiert. Ich bin mit diesen Vejigantes-Umzügen aufgewachsen und erinnere mich gut, wie mysteriös und unheimlich das auf mich als Kind gewirkt hat. Aber wegen all der Farben, des Leuchtens und Glitzerns wollte man unbedingt einer von ihnen sein. Nichts habe ich mir mehr gewünscht als solch ein Kostüm. Aber daraus wurde nichts. Wir zogen weg, als ich neun Jahre alt war. Wenn ich die Vejigantes jetzt auf die Bühne hole, erfülle ich mir im Grunde einen Kindheitstraum.
Du hast den Gedanken der Vergänglichkeit erwähnt, der bei diesen farbenfrohen, ausgelassenen Umzügen präsent ist. Ich musste bei den Proben auch an eine Video-Installation des südafrikanischen Künstlers William Kentridge mit dem Titel More Sweetly Play the Dance denken, der genau das in einer schier endlosen Prozession eingefangen hat…
Begrenztheit, Endlichkeit, Vergänglichkeit… da schwingen so viele Aspekte mit. Obwohl Bernstein die Symphonischen Tänze für den Konzertsaal vorgesehen hat, bezieht er sich am Ende doch noch einmal ausdrücklich auf die West Side Story: Tony stirbt in Marias Armen. Mir geht es bei diesem Finalsatz wie mit Kentridges endloser Prozession. Man kann an Abschied denken, aber eigentlich möchte man sagen: Wir sehen uns bald!
Wie erlebst du deine Zusammenarbeit mit dem Ballett Zürich?
Wir haben schon im letzten Sommer mit der Arbeit an dieser Choreografie begonnen. Das Stück jetzt weiterwachsen zu sehen und zu erleben, mit welchem Können und Elan sich die Tänzerinnen und Tänzer in dieses Unternehmen hineinwerfen, macht mich glücklich. Was da gerade entsteht, kann man als Gruppenstück bezeichnen. Aber ich versuche, mir immer bewusst zu sein, dass jede Gruppe aus Einzelindividuen besteht. Ich möchte sie sichtbar machen. Die Energie in den Proben bringt immer neue Erkenntnisse. Es mag wie ein Widerspruch klingen, aber in diesen Gruppen von Menschen, die sich bewegen und verschieben und sich durch Bewegung, durch komplexe Körperlichkeit ausdrücken, gibt es so etwas Subtiles wie eine farbenfrohe Dunkelheit. Sie ist allgegenwärtig.
Das Gespräch führte Michael Küster
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 122, April 2025.
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Hintergrund
Mrs. Robinson, Sie versuchen mich zu verführen!
Cathy Marstons Ballett «Mrs. Robinson» basiert auf dem Roman «The Graduate» von Charles Webb. Der gleichnamige Film von Mike Nichols bringt 1967 frischen Wind nach Hollywood. Christiane Kopka beleuchtet ein aufregendes Kapitel amerikanischer Filmgeschichte.
Eigentlich müsste dieser Benjamin Braddock vor Freude strahlen: Mit exzellentem College-Abschluss fliegt der junge Mann heim zu seinen Eltern nach Kalifornien. Der Vorspann des Films zeigt ihn, wie er auf dem Flughafen ein Laufband betritt. Während links die Credits eingeblendet werden, sieht man Benjamin in der rechten Bildhälfte fast zwei Minuten die geflieste Wand entlangfahren, mit ratlosem, beinahe gequältem Blick. Zuhause, vor dem Aquarium im alten Kinderzimmer, versucht er gegenüber seinem Vater, das eigene Unbehagen in Worte zu fassen.
Mit Benjamin Braddock kommt die Jugend der 1960er-Jahre in Hollywood an – jene Kinder der Nachkriegszeit, die mit den Werten ihrer Eltern immer weniger anfangen können. Sie wollen etwas anderes vom Leben als ein Spiesserglück in der Vorstadtsiedlung, verachten die Prüderie, Heuchelei und Doppelmoral der amerikanischen Gesellschaft. Es ist unübersehbar: Die Zeiten haben sich geändert.
1967, während der Dreharbeiten zur Reifeprüfung, rufen Hippies in San Francisco den «Summer of Love» aus. Martin Luther Kings Bürgerrechtsbewegung fordert auf gewaltigen Protestmärschen die Gleichberechtigung der Schwarzen. Immer mehr Frauen wehren sich gegen Benachteiligung oder Sexismus. Und weil der schmutzige Krieg in Vietnam zunehmend eskaliert, erreichen auch die Anti-Kriegsdemonstrationen ihren Höhepunkt.
Von all dem hatte Hollywood bis dahin nur wenig Notiz genommen. Die Studios, in ihrem verzweifelten Kampf gegen die Konkurrenz des Fernsehens versuchten lange, ihr Geschäft mit immer spektakuläreren Monumentalfilmen zu retten. Dass diese Strategie nicht auf Dauer funktionieren würde, zeigte sich spätestens 1963, als die Twentieth Century Fox mit Cleopatra, dem bis dahin teuersten Film überhaupt, an den Rand des Ruins geriet. Wen interessierten schon die Träume Cleopatras, wenn in den Städten Strassenschlachten toben und Universitätsgelände von Tränengas - Schwaden durchzogen sind? Doch allmählich näherte sich die Traumfabrik dem amerikanischen Alltag: Ausgerechnet mit Cleopatra-Skandalpaar Liz Taylor und Richard Burton drehte Regie-Neuling Mike Nichols 1966 einen der erfolgreichsten Filme des Jahres. Schonungslos deckte er in Wer hat Angst vor Virginia Woolf die Lebenslügen hinter bürgerlichen Fassaden auf. Als Sohn einer jüdischen Familie in Berlin geboren, musste er 1938 mit seinen Eltern vor dem Holocaust fliehen. In den USA wurde er zunächst ein erfolgreicher Comedian, bevor er sich anschickte, Hollywood zu erobern.
Die Reifeprüfung ist Nichols’ zweiter Film, und hier legt er die Gesellschaftskritik als Satire an. Wenn Benjamin auf der Willkommensparty von den Freunden seiner Eltern bedrängt wird, erscheinen die Vorstadtspiesser wie Figuren aus dem Horrorkabinett. Vampire, die dem jungen Mann die Lebenskraft aussaugen wollen. Völlig verstörend wird es für Ben, als ihm die Gattin des Geschäftspartners seines Vaters eindeutige Avancen macht.
Nichols Reifeprüfung markiert zusammen mit dem Gangsterfilm Bonnie and Clyde den Beginn des «New Hollywood», eines neuen amerikanischen Kinos. Auch wenn der zwei Jahre später herauskommende Easy Rider noch radikaler mit der Traumfabrik bricht, zeigt sich bereits hier eine völlig andere Art des Erzählens. Die Vorlage zum Film schrieb Charles Webb 1963 nach eigenen Erlebnissen. Im Buch ist Benjamin Braddock ein blonder, hochgewachsener Surfer-Typ. Robert Redford gilt lange als die Idealbesetzung. Beim Casting kamen Nichols allerdings Zweifel, ob Redford überhaupt einen Verlierertypen spielen könne. Auf die Frage, wann ihn zuletzt eine Frau habe abblitzen lassen, antwortet Redford verständnislos: «Was meinst du damit?»
Auch für Mrs. Robinson sind zahlreiche Kandidatinnen im Gespräch, darunter Doris Day, der das Skript allerdings zu heikel erscheint. Für Elaine, Mrs. Robinsons Tochter, werden unter anderem Goldie Hawn und Jane Fonda getestet. Den Zuschlag bekommt die kaum bekannte Katherine Ross, für die es die Rolle ihres Lebens wird. Das grösste Problem bleibt allerdings die Besetzung der Hauptfigur. Nichols war verzweifelt. Er hatte alle englischsprachigen Schauspieler dieser Altersklasse gesehen und war immer noch auf der Suche nach einem laufenden Surfbrett, einem blonden kalifornischen Typen: «Aber dann erinnerte er sich an diesen Jungen, den ich in einer Off-Broadway-Produktion gesehen hatte. Ich glaube, er hat da einen Fischverkäufer gespielt. Ich schlug vor, ihn einzuladen und zu testen.»
Dieser Junge ist das genaue Gegenteil des laufenden Surfbretts: klein, dunkelhaarig und mit seiner riesigen Nase nicht besonders attraktiv. Bisher hat Dustin Hoffman nur eine unbedeutende Filmrolle gespielt. Der 29-Jährige hält sich seit Jahren mühsam als Theaterschauspieler über Wasser. Als Nichols ihn anruft und ihm den Part des Benjamin Braddock anbietet, glaubt Hoffman zunächst an einen schlechten Witz. Beim Casting ist der junge Schauspieler so aufgeregt, dass ihn alle für völlig unfähig halten. Nichols nimmt ihn trotzdem – und landet damit einen Volltreffer: Gerade Hoffmans Schüchternheit und Nervosität machen ihn perfekt für die Rolle des linkischen Ben.
Hoffman ist eine ganze neue Art von Kino-Held: Keiner der stattlichen, gutaussehenden Herzensbrecher, die bisher in der Traumfabrik gestrahlt haben. Er wirkt eher wie ein Normalo, mit dem sich die jungen Leute aus den Städten identifizieren können. Ausserdem verfügt er über eine erstaunliche Leinwand-Präsenz. «Er war nicht nur sehr gut während des Drehs, er war auf den Aufnahmen noch viel besser», erinnert sich Mike Nichols. «Er ist einer der wenigen Leute, mit denen ich gearbeitet habe, die eine Art Pakt mit Technicolor geschlossen haben, sodass sie über Nacht durch die Chemikalien besser werden. Deshalb musste es Dustin sein.»
Weil Hoffman so jungenhaft wirkt, kann er problemlos den 21-jährigen Ben spielen, obwohl er selbst fast 30 ist und seine Kollegin Anne Bancroft nur sechs Jahre älter. Mit ihr hat Nichols ebenfalls die ideale Besetzung gefunden: Als kühle, frustrierte Mrs. Robinson verführt sie Benjamin mit einer Skrupellosigkeit, die es in Hollywood noch nicht gegeben hatte.
Für die 60er-Jahre ist der Film überaus gewagt: Dass eine verheiratete Frau Sex mit einem deutlich jüngeren Mann hat – und das ohne jedes Gefühl, als Zeitvertreib gegen die Langeweile, wirkt im prüden Amerika geradezu schockierend. Noch skandalöser ist, dass sich Benjamin dann auch in die Tochter seiner Bettgenossin verliebt. Im Kampf um Elaine erwacht er aus seiner Lethargie und mausert sich zum Rebellen.
Nichols hat die Geschichte so originell umgesetzt, dass Die Reifeprüfung bis heute ein Lieblingsobjekt in Film-Seminaren ist. Der Regisseur und sein Kameramann Robert Surtees übernehmen Stilmittel des jungen europäischen Kinos. So bleibt die Kamera Ben immer dicht auf den Fersen, wenn er durch die Party stolpert oder an seinem Geburtstag im Taucheranzug in den Swimmingpool steigen muss. Mit ihm blicken wir durch die Taucher-Brille auf die verzerrten Gesichter der Erwachsenen.
Durch raffinierte Schnitte und Überblendungen verschmelzen Szenen am Pool mit den Schäferstündchen im Hotelzimmer – bis sich Ben am Ende an der Luftmatratze hochzieht und auf der nackten Mrs. Robinson landet.
Legendär ist auch die Einstellung, in der Mrs. Robinson ihre Strümpfe anzieht, wobei ihre Beine wie eine Schranke vor Benjamin durchs Bild ragen, als würden sie ihm den Weg ins Leben versperren. Diese Beine gehören übrigens nicht Anne Bancroft, sondern ihrem Double Linda Gray, die später als Sue Ellen in Dallas berühmt wird. Beim Musikeinsatz im Film geht Mike Nichols ebenfalls ganz neue Wege: Er benutzt die Folk-Rock-Songs des Duos Simon & Garfunkel, um Dialoge zu ersetzen, seine Charaktere zu verstärken und sie den jungen Zuschauern noch näher zu bringen.
Nichols braucht allerdings viel Überredungskunst, bis sein Freund Paul Simon zur Zusammenarbeit bereit ist. Der Komponist fürchtet um seinen Ruf, weil Filmmusik zu dieser Zeit keinen sonderlich hohen Stellenwert hat. Drei der Songs gab es bereits auf Platten, den vierten hatte Paul Simon zunächst als Hommage an Eleanor Roosevelt gedacht. Er ersetzt Mrs. Roosevelt durch Mrs. Robinson, und weil ihm so recht kein Text einfällt, singt das Duo die meiste Zeit: «Dipdidipdidip…»
Einen kompletten Text bekommt Mrs. Robinson erst, als die Leute in langen Schlangen vor den Kinos stehen. Die Reifeprüfung wird Kult: Bei Produktionskosten von nur drei Millionen Dollar spielt der Film bereits in den ersten sechs Monaten 35 Millionen in den USA und Kanada ein. Zusätzliches Geld fliesst in die Kasse, weil Nichols zum ersten Mal mit Produktplatzierung arbeitet: Bens roter Alfa Romeo Spider hat eine markante Rolle im Film. In Deutschland kommt Die Reifeprüfung 1968 ins Kino und trifft auch hier den Geist der Zeit – obwohl Benjamin Braddock alles andere als ein Barrikadenstürmer ist.
Während seine Altersgenossen lange Haare tragen und sich mit der Polizei prügeln, ist Bens Aufbegehren rein privat. Nichols muss sich an Universitäten immer wieder den Vorwurf anhören, dass der Vietnamkrieg im Film nicht vorkommt. Bens Ratlosigkeit und sein Unbehagen machen ihn dennoch zum ersten Helden des neuen amerikanischen Kinos. Viele Jugendliche erkennen sich in ihm wieder. Die New York Times zitiert einen von unzähligen Leserbriefen: «Ich habe mich mit Ben identifiziert. Für mich ist er ein Bruder im Geiste. Er hat Zweifel über seine Zukunft und seinen Platz in der Welt, genau wie ich.»
Die Reifeprüfung wird für sieben Oscars nominiert. Hoffman geht bei der Verleihung zwar leer aus, doch Mike Nichols gewinnt die Trophäe für die beste Regie. Er war der Mann der Stunde in Hollywood. Doch schon mit seinem nächsten Film, der Anti-Kriegs-Satire Catch 22, landet Nichols einen gewaltigen Flop. Im «New Hollywood», das mit Regisseuren wie Scorsese oder Coppola erst richtig Fahrt aufnimmt, spielt er keine grosse Rolle mehr. Für Dustin Hoffman wird Die Reifeprüfung auch ohne Oscar zum Auftakt einer grandiosen Karriere.
Unvergesslich ist auch das Ende des Films: Ben entführt Elaine aus den Armen ihres Bräutigams und flüchtet mit ihr in einen Bus. Lachend sitzen sie auf der letzten Bank: Sie im Brautkleid mit Schleier, er in einer vom Kampf halb heruntergezogenen Jacke. Doch allmählich werden ihre Gesichter ernst, und mit Sound of Silence tauchen auch Bens Zweifel wieder auf. Ob diese Flucht wirklich ein Happy End ist, bleibt irritierend offen.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 122, April 2025.
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Volker Hagedorn trifft...

Nancy Osbaldeston
Nancy Osbaldeston tanzt in unserem neuen Ballettabend «Countertime». Seit Beginn dieser Saison ist sie Erste Solistin des Balletts Zürich. Sie hat die belgische und die britische Staatsbürgerschaft. Nach ihrer Tanzausbildung an der English National Ballet School in London wurde sie Mitglied des English National Ballet. Anschliessend tanzte sie im Royal Ballet of Flanders, seit 2017 als Erste Solistin. In Zürich war Nancy Osbaldeston in dieser Saison u.a. in Cathy Marstons Ballett «Clara», in Kim Brandstrups «Of Light, Wind and Waters» sowie im Ballettabend «Autographs» zu erleben.
Für ein Städtchen von nur 3500 Einwohnern hat Cuckfield, den Kuckuck im Wappen tragend und sechs englische Meilen von der Kanalküste entfernt, erstaunlich viele «notable people» zu verzeichnen. Romanciers, Theologen, Schauspieler, Wissenschaftler, Sportler. Der Jüngste auf der Liste ist ein Cricketspieler, die Zweitjüngste eine Tänzerin. Die kam hier zur Welt und in einen Kindergarten, in dem sich jeden Freitag eine Ballettlehrerin einfand. Nancy, erklärte sie den Eltern der Dreijährigen, sei das einzige Kind, das wirklich exakt im Takt der Musik hüpfe. Was sie davon hielten, wenn sie Unterricht bekäme? «I think I loved it from the beginning», sagt Nancy Osbaldeston, seit dem vergangenen August Erste Solistin im Ballett Zürich.
Wir sitzen in einem kleinen Garderobenraum des Opernhauses, der weder an Südengland denken lässt noch ans Ballett, wenn man mal vom Klavier absieht und den Spiegeln, die in Nancys Metier keine geringe Rolle spielen, und ich prüfe besorgt die Distanz zwischen Aufnahmegerät und Tänzerin. Was nämlich in ihrem Metier gar nicht gebraucht wird, ist eine laute Stimme, wobei immerhin, wie ich noch lernen werde, längst auch Tänzerinnen auf der Bühne Töne, Worte, Geräusche von sich geben dürfen. Ein einziges Mal wird Nancy Osbaldeston laut in dieser Stunde, aber Worte verwendet sie dabei nicht. Jetzt brauche ich erstmal Nachhilfeunterricht in Sachen Tanz, und den erteilt sie mit leiser Stimme und in hohem Tempo. Sie hat viel zu sagen, zuallererst über William Forsythe, den legendären amerikanischen Choreografen, in dessen In the middle, somewhat elevated Nancy ein grosses Solo hat. «Es ist ein ikonischer Klassiker, ein Traum für Tänzer, ich liebe es. So lange her, 1987, und immer noch so gut. Er hat eigentlich kein Thema. Es ist einfach nur Tanz, purer Tanz, dancing at hardest: Wie weit kann man gehen?» «Ist das das Gegenteil eines Handlungsballetts?» «Ja und nein. Selbst wenn ein Stück keine Story hat, findest du manchmal eine, Beziehungen, Verbindungen. Schon wenn sich zwei Personen die Hände reichen, ist da eine Art Dynamik.»
Es komme auch darauf an, mit wem sie tanzt. Mit dem einen Partner könne etwas anderes entstehen als am nächsten Abend mit dem anderen. «Very minimally, but I ’ll feel the difference, ich weiss nicht, ob es dem Publikum auch so geht, wahrscheinlich ja. Und selbst mit nur einer Person kann eine Geschichte entstehen, je nachdem, wie ich einen Rhythmus interpretiere oder bestimmte Dinge akzentuiere. Vielleicht kommt da die Geschichte meiner Persönlichkeit zum Vorschein?» Sie lacht. Es wäre die Geschichte einer ziemlich entschlossenen Persönlichkeit, für die es nie einen Plan B gab. «It was always dancing. Didn’t matter how.» In Manchester, wohin die Familie zog, als Nancy fünf Jahre alt war, tanzte sie in der Schule und lernte auf Wochenendkursen, mit sechzehn bewarb sie sich an verschiedenen Tanzschulen, wobei klassisches Ballett nur eine von vielen Optionen war. «Ich wollte nur tanzen, egal was und wo, es hätte auch auf einem Kreuzfahrtschiff sein können!»
Es wurde aber die English National Ballet School in London, und nach drei Jahren dort wurde Nancy am English National Ballet engagiert. Aus ihrer Zeit dort habe ich ein Interview gefunden. «Was habe ich gesagt? Wer war ich da?» Sie war 24 Jahre alt, als man sie fragte, wie sie sich die Zeit nach dem Tanzen vorstelle. «Ich höre nicht auf», sagte sie. «Ich eröffne eine Compagnie für alte Tanzpensionäre, damit ich noch auftreten kann, wenn ich Grossmutter bin.» Sie lacht, die Idee gefällt ihr immer noch. «Ich weiss, dass ich immer tanzen werde, ob das nun gut aussieht oder nicht.» Schon 2013 sah es so gut aus, dass Nancy den Emerging Dancer Award bekam; ein Jahr später wechselte sie zum Opera Ballet Vlaanderen nach Antwerpen, um dort acht Jahre zu bleiben.
Dem Lockdown verdankt man ihre erste grössere choreografische Arbeit. Libertango zur Musik von Astor Piazzolla ging online und beeindruckte auch die Süddeutsche Zeitung: «Der Mix wird auch Tango-Aficionados überzeugen, die zunächst geneigt sind, den gemeinsamen Auftritt von Spitzenschuh und Bandoneon für Ketzerei zu halten», schrieb Dorion Weickmann. Nancy meint, es sei einfach, Piazzolla zu choreografieren: «Diese Musik bittet uns geradezu, sie zu tanzen!» Das geht ihr nicht mit jeder Musik so. «Ich bin kein massiver Fan dieser Avantgardesorte von…» Es folgt ein verblüffend lautes Miauen, dann fährt sie dezent fort: «Aber man kann sich auch da hineinbewegen.» Auch auf Spitzenschuhen, die für Nancy keineswegs Attribute von gestern sind.
Das klassische Ballett, ohne «pointe shoes» nicht denkbar, ist ihre Basis. «Ich hatte auch mal Gesangsstunden und vergleiche es damit. Wenn du Singen in Richtung Oper und Klassik trainiert hast, kannst du in alle Richtungen gehen, bis zum Jazz. Wenn du die Regeln kennst, kannst du sie brechen. Je mehr man kennt, desto mehr kann man verbinden. Ich kann mit verschiedenen Körperlichkeiten, physicalities, spielen, mit verschiedenen Stilen, sie wie aus einer Werkzeugkiste nehmen… Es gibt zum Beispiel so viele Arten, die Arme zu bewegen!» Sie wirft sich in eine Angeberpose, die Arme angewinkelt, die Fäuste geballt. «Aber es geht nicht nur um Posen, Formen, Haltungen, es geht darum, wie man durch sie hindurchfliesst, das muss man auch lernen. Wie ein Tänzer zu einer bestimmten Haltung hinkommt und was ihr folgt, ist wichtig!» Das gilt für alle Arten von Tanz, und natürlich tanzt Nancy auch ohne Spitzenschuhe, wenn es gefragt ist – und an manchen Abenden auch mit und ohne, wie in der neuen Produktion Countertime. «Es ist genau umgekehrt wie in Autographs, wo wir die Spitzenschuhe am Schluss einsetzen, bei Forsythe. Jetzt beginnen wir ziemlich klassisch mit MacMillan und brechen das dann auf.»
Was hinter so einer Aufführung steht, ist einer der härtesten Jobs, die es in der Theaterwelt gibt. Jeden Vormittag wird trainiert, «wir müssen immer in Topform sein». Dieser «class» folgen sechs Stunden Proben mit einer Stunde Pause dazwischen, sofern keine Aufführung ansteht – und selbst der Tag nach einer Aufführung hat so ein volles Programm. «Das ist schon ziemlich hart», meint Nancy, «es geht nur, wenn man diesen Job liebt. Man muss ihn sehr lieben. In einem schon nicht mehr vernünftigen Mass…» Der Auftritt selbst ist dann erst recht beglückend. «Keine Unterbrechung mehr, keine Wiederholung! The show is just…», sie klatscht in die Hände, «one time! Now or never!»
Der harte Job, die strenge Hierarchie in der Gruppe ist auch mit viel Solidarität verbunden. «Ich bin ja ein bisschen älter», sagt die 35-Jährige ohne Koketterie, «und helfe den anderen gern. Aber jeder braucht Hilfe. Ich habe die hässliche Angewohnheit, dass ich dauernd in den Spiegel gucke, wenn ich tanze. Das hilft oft gar nicht, auf der Bühne gibt es ja keinen Spiegel. Es sieht auch komisch aus, den Kopf beim Tanzen so zu verdrehen. Wir brauchen immer jemanden, der uns beobachtet, ein zweites Auge.» Dabei helfen ihr auch Kolleginnen und Kollegen, die sie schon aus Antwerpen und London kennt: Ruka Nakagawa, Shelby Williams, Esteban Berlanga, Charles-Louis Yoshiyama. «It’s a small world…»
Ja, und dann ist da ihre Tochter. Sie kam vor drei Jahren in Belgien zur Welt, zog mit ihren Eltern für zwei Jahre nach Toulouse und schliesslich mit ihnen nach Zürich. «Wenn ich nach Hause komme, holt sie meinen Geist komplett aus dem Arbeitsalltag heraus. Das ist sehr gesund. Manchmal fühle ich mich schuldig, weil ich so viel arbeite, aber das geht ja nicht ewig so. Ich hoffe, sie erinnert sich später nur an die guten Seiten.» Zum Beispiel an gestern, als die Dreijährige ein Kostüm anzog und zur Musik tanzte, die ihre Eltern anstellten. «Wie sie die Musik interpretiert… it’s natural,» sagt Nancy, «it’s so natural!»
Das Gespräch führte Volker Hagedorn.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 122, April 2025.
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Interview
Aufgebrochene Konventionen
Der neue Ballettabend «Countertime» vereint Choreografien von Kenneth MacMillan, Bryan Arias und Cathy Marston. Im Gespräch mit Michael Küster erzählt die Zürcher Ballettdirektorin, was die drei Stücke miteinander verbindet und warum sie Mrs. Robinson zur Titelgestalt ihres Balletts gemacht hat.
Cathy, der neue Abend des Balletts Zürich vereint unter dem Titel Countertime drei Werke von dir, Kenneth MacMillan und Bryan Arias. Welche Idee steht hinter diesem Programm? Neben Neukreationen für das Ballett Zürich möchte ich gern auch einige Stücke, die ich in der Vergangenheit mit anderen Compagnien erarbeitet habe, in unserem Repertoire verankern. Dazu gehört das Ballett Mrs. Robinson, das 2022 beim San Francisco Ballet Premiere hatte. Während viele meiner Choreografien leidenschaftlich oder melancholisch aufgeladen sind, weist dieses Stück neben seiner ernsten Thematik gelegentlich auch eine humorvolle Komponente auf. Die Geschichte von Charles Webb erreichte vor allem durch die Verfilmung als The Graduate Ende der 60er-Jahre Kultstatus. Vor allem in den USA wurden damals viele in Konventionen erstarrte gesellschaftliche Strukturen aufgebrochen. Für diesen Abend habe ich deshalb nach zwei ergänzenden Stücken gesucht, mit denen man weiter in diese spannende Umbruchszeit eintauchen kann.
Zum ersten Mal präsentiert das Ballett Zürich ein Stück von Kenneth MacMillan, einem der wichtigsten Choreografen des 20. Jahrhunderts, der vor allem für das Royal Ballet in London von grosser Bedeutung war. Wie ist er mit deiner tänzerisch-choreografischen Laufbahn verbunden, und warum sollte man ihn heute aufführen?
Meine Verbindung zu Kenneth MacMillan reicht bis in meine Zeit an der Royal Ballet School zurück. Alles begann damals mit einem Schock: Im September 1992 war ich in die Oberstufe gekommen, und im Oktober starb MacMillan auf tragische Weise bei einer Aufführung. Ich bedauere immer noch, dass ich mit ihm nicht im Studio arbeiten konnte. Aber sein Werk war und ist in all den Jahren, die ich mit dem Royal Ballet verbunden bin, immer präsent. Ich liebe MacMillans Handlungsballette, aber auch die abstrakten Werke bedeuten mir viel. Concerto war eines der Stücke in einer unserer Schulaufführungen. Ich erinnere mich wie, wie ich es aus der Perspektive des Corps de ballet von innen kennenlernen durfte. Und welch ein Meisterwerk ist der Pas de deux zum langsamen Satz aus Schostakowitschs Zweitem Klavierkonzert! Einfach perfekt, wie der Tanz mit der Musik und dem leeren Raum verschmilzt. Die Choreografie entstand im geteilten Berlin der 1960erJahre. Es ist eines der reinsten, auf das Notwendigste reduzierten Werke von Mac Millan. Als hätte er sich in Berlin nach seiner Arbeit mit dem Royal Ballett noch einmal neu erfunden.
Als Neukreation innerhalb dieses Abends wird Bryan Arias die Symphonic Dances aus Leonard Bernsteins West Side Story choreografieren. Warum ist er der richtige Mann für dieses Stück? Ich verfolge die Arbeit von Bryan Arias schon eine Weile. Während Christian Spucks Direktionszeit hat er ein wunderschönes Stück für das Junior Ballett kreiert. Ich wartete auf die richtige Gelegenheit, um ihn wieder nach Zürich zu holen. Für Bernsteins Symphonic Dances scheint er mir stilistisch genau zu passen. Mehr noch als die Tatsache, dass er in Puerto Rico und New York aufgewachsen ist und bei Crystal Pite getanzt hat, ist es die Art, wie er auf Ballettbasis seinen eigenen, zeitgenössischen Stil kreiert, den sich das Ballett Zürich gerade vielversprechend zu eigen macht.
Wie schon in unserem Ballettabend Walkways, bei dem in der letzten Saison dein Stück Snowblind zu sehen war, stellst du erneut ein Handlungsballett von dir an die Seite zweier abstrakter Choreografien. Wie bist du auf Mrs. Robinson gekommen?
Bei meinem Ballett Snowblind hatte ich in San Francisco mit der Tänzerin Sarah Van Patten zusammengearbeitet und wollte das gern fortsetzen. Auf der Suche nach dem passenden Stoff ging ich in eine Buchhandlung, wo mir jemand The Graduate unter die Nase hielt. Die Geschichte wurde in San Francisco geschrieben, das war ein Argument. Von Anfang an lag mein Fokus aber auf der Figur der Mrs. Robinson. Manchmal gibt es tatsächlich Charaktere, die einen mehr in den Bann ziehen als die ursprüngliche Hauptfigur der Geschichte, und das war hier der Fall.
Dein Ballett heisst deshalb auch nicht The Graduate oder Die Reifeprüfung, sondern Mrs. Robinson, was auf eine Änderung der Perspektive deutet. Wenn wir uns an Anne Bancroft im Film von Mike Nichols erinnern, dann haben wir wahrscheinlich das Bild der kultivierten, kühlen, berechnenden, älteren Frau im Kopf, die einen jüngeren Mann verführt. Reicht das, um jetzt Titelheldin eines Balletts zu sein?
Wir meinen, Mrs. Robinson zu kennen. Aber schon der Umstand, dass sie keinen Vornamen hat, ist ein Hinweis darauf, dass hier ein Stereotyp vorgeführt wird. Wir sehen vielleicht einen Umriss von Mrs. Robinson, eine Skizze. Aber wie greifbar ist sie wirklich als Figur? Bei Charles Webb und auch im Film von Mike Nichols, die das Geschehen beide aus der Perspektive von Benjamin Braddock erzählen, wirkt Mrs. Robinson fast wie verschleiert. Ich wollte herausfinden, was sich unter diesem Schleier verbirgt, und habe sie deshalb zur Titelfigur meines Balletts gemacht. Ausserdem wollte ich ihr ein anderes Ende geben als der Film, wo Elaine und Benjamin in eine wie auch immer geartete Zukunft reisen. Aus dem Film kommt man mit der Vorstellung, dass Mr. Robinson bei ihrem Mann bleiben und als einsame Alkoholikerin enden wird. Ich wollte unter die Oberfläche gehen und herausfinden, warum Mrs. Robinson so ist, wie sie ist, warum sie die Dinge tut, die sie tut, und auf der Grundlage dieser Antworten bestimmte Entscheidungen treffen. Und ihr die Chance auf ein neues Leben zu geben, so wie es einige der Frauen aus dieser Zeit gefunden haben.
Wie hast du den Fokus für deine Sicht auf Mrs. Robinson gefunden?
Als ich über die 1960er-Jahre, die Zeit von Mrs. Robinson, recherchierte, fiel mir auf, dass im gleichen Jahr wie Charles Webbs Roman ein noch viel wichtigeres, geradezu bahnbrechendes Buch veröffentlicht wurde. 1963 kam nämlich auch der Bestseller The Feminine Mystique von Betty Friedan auf den Markt. Auf Deutsch wurde er unter dem Titel Der Weiblichkeitswahn veröffentlicht. Die amerikanische Feministin und Publizistin thematisierte darin «das Problem, das keinen Namen hat» – die weit verbreitete Unzufriedenheit von Hausfrauen, von denen erwartet wurde, dass sie sich ausschliesslich auf die Kultivierung häuslicher Perfektion konzentrieren. Friedan zeigte, wie die tief verwurzelten Vorstellungen von den Aufgaben einer Frau und Mutter in der Familie, z.B. durch die Werbung und damit die Konsumgüterindustrie, unterstützt wurden. Eines ihrer konkreten Beispiele entlarvt den Unsinn der vielen Putzmittel, die den Frauen das Gefühl verleihen sollten, sie seien Expertinnen auf dem Gebiet des Saubermachens und spielten im Haushalt eine unersetzbare Rolle. Mir vorzustellen, dass Mrs. Robinson in einer Zeitung auf diesen Text gestossen wäre, hat mich weiterdenken lassen. Hätte die Lektüre ihr die Kraft verliehen, ihr eingefahrenes Leben zu verlassen, der Unzufriedenheit und Langeweile den Rücken zu kehren? Im Film von Mike Nichols gibt es die Szene, in der Benjamin Braddocks vor einem Aquarium sitzt. Ich stelle mir diese amerikanischen Hausfrauen der Sechziger Jahre immer wie die Goldfische vor, die schön aussehen, elegant ihre Runden ziehen, aber nirgendwohin können. Dieses Gefühl hat Betty Friedan thematisiert und Millionen Frauen das Gefühl gegeben, dass sie mit ihrer Situation nicht allein sind.
Das Szenarium hast du gemeinsam mit deinem langjährigen Mitarbeiter Edward Kemp erarbeitet. Was war euch wichtig für euer Rollenporträt der Mrs. Robinson?
Im Film wird die Verführungsszene zwischen Mrs. Robinson und Benjamin mit einem ausgeprägten Sinn für Humor dargestellt. Aber wie steht sie eigentlich zu ihrer Untreue und zu der Tatsache, dass Benjamin sich von ihr abwendet und sich stattdessen in ihre eigene Tochter verliebt? Die Affäre, die sie mit Benjamin beginnt, gibt Mrs. Robinson für einen Moment das Gefühl, etwas zu beherrschen. Aber diese Macht, die so schnell in Eifersucht umschlägt, ist demütigend und geht vielleicht sogar noch tiefer: Sie offenbart ein Leben, das jetzt – in ihrem mittleren Alter – nicht mehr greifbar ist. In ihrer kleinen, leeren Existenz ist sie tatsächlich machtlos. Wird sie den Mut finden, dieses Leben hinter sich zu lassen?
Deine Choreografie legt das nahe, wenn sich Mrs. Robinson aus der Umarmung ihres Ehemannes löst. Welches Leben wünschst du ihr?
Es war für mich eine Überraschung, dass ich beim Choreografieren des Endes nicht das Gefühl hatte, Mrs. Robinson müsse sich jetzt mit anderen Frauen zusammentun. Für mich passte das nicht zu ihrem Charakter, deshalb wollte ich das Ende offenlassen. Ich habe das Gefühl, dass sie eine sehr unabhängige und fast einsame Figur ist. Wenn ich eine Fortsetzung machen würde, würde ich fragen, wie ihre Beziehung zu ihrer Tochter Elaine Jahre später aussieht. Wird sie Elaine ermutigen, zu heiraten? Oder der Tochter raten, nicht ihre Fehler zu wiederholen? Ich hoffe für Elaine, dass sie nicht bei einem Benjamin landet.
Ganz viel Zeitgeist ist in dem Corps de ballet eingefangen, das du für eine Gruppe von Tänzerinnen erfunden hast…
Für diese «Line of Housewifes» hatte ich natürlich das Bild der erstarrt lächelnden, mit Lippenstift geschminkten Hausfrau im Sinn, die sich frisch macht, nachdem sie die Kekse in den Ofen geschoben und staubgesaugt hat, und bei der pünktlich um fünf Uhr, wenn ihr Mann nach Hause kommt, das Abendessen auf dem Tisch steht. Wenn Elaine und Ben ausgehen, haben sie eine ganz andere Lockerheit in ihren Bewegungen – als würden sie ein Picknick im Golden Gate Park machen.
Der Film von Mike Nichols lebt nicht zuletzt von der Musik von Simon & Garfunkel. Für dein Ballett hat der namhafte englische Filmkomponist Terry Davies die Musik komponiert. Welche Akzente setzt er?
Tatsächlich gibt es auch bei Terry Davies ein paar versteckte Bezüge zu Simon & Garfunkel. Aber in erster Linie wollten wir in die Musik einige kulturelle Referenzen integrieren. Was könnte Mrs. Robinson hören, während sie ihr Haus auf Vordermann bringt? Was hören Benjamin, Elaine und ihre Freunde auf ihren Parties? Ausserdem wollten wir Mrs. Robinson als Protagonistin eine klare Stimme geben. Terry Davies hat dem Orchester für beide Aspekte zwei Soloinstrumente an die Seite gestellt, ein Saxophon für Mrs. Robinson und eine akustische Gitarre für die jungen Leute. Gerade das Saxophon als Stimme von Mrs. Robinson ist in der Partitur sehr präsent. Aber meine Lieblingsstelle ist die Musik für den Pas de deux von Benjamin und Elaine, wo Terry in der Einfachheit eines Arvo-Pärt-Stücks eine Harfe und ein Marimbaphon kombiniert und mit einem zusätzlichen Cello auch die Melancholie Mrs. Robinsons einfängt, die eine Erfahrung wie die beiden jungen Liebenden wohl nie gemacht hat.
Bühnenbild und Kostüme für Mrs. Robinson hat Patrick Kinmonth entworfen. Zu welchen Lösungen haben ihn die Sechziger Jahre inspiriert?
Eine wichtige Anregung für Patrick Kinmonth waren die Häuser des aus Wien emigrierten Österreichers Richard Neutra. Er war damals einer der prägenden Architekten in Kalifornien. In seinen grosszügigen Entwürfen dominieren grosse Glasflächen, Innen- und Aussenräume gehen ineinander über. Auf dieser Grundlage hat Patrick Kinmont die destillierte Version eines naturalistischen Kosmos für die beiden Nachbarsfamilien, die Robinsons und die Braddocks, geschaffen. Was die Kostüme angeht, sind die 60er-Jahre natürlich ein Geschenk für jeden Designer.
Die Rolle der Mrs. Robinson verlangt nicht nur nach einer herausragenden Tänzerin, sondern auch nach einer überzeugenden Schauspielerin. Was wünschst du dir noch von ihr?
Es ist eine Rolle für eine erfahrene Tänzerin, die gerade auf ihrem Zenit ist. In kurzer Zeit kann sie viele Farben auf ihrer künstlerischen Palette zeigen. Verführungskraft, Körperlichkeit, Leidenschaft, Wut, Entschlossenheit… und, nicht zu vergessen, den Humor. Das Publikum sollte das Gefühl haben, mit Mrs. Robinson auf einer Reise zu sein. Wir sind bei ihr, wenn alles nach Plan zu laufen scheint. Wir erleben ihre Verzweiflung in dem Moment, in dem sie alles verloren hat, und wir sind an ihrer Seite, wenn sie die Kraft findet, eine neue Reise zu beginnen.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 122, April 2025.
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Ich sage es mal so
Stumme Antworten auf grundsätzliche Fragen – mit Charles-Louis Yoshiyama, der gleich mehrfach im neuen Ballettabend «Countertime» zu erleben ist.Ich sage es mal so ist eine Interviewform in unserem MAG, in der Künstlerinnen und Künstler des Opernhauses - nach einer Idee des SZ-Magazins - in Form eines Fotoshootings Auskunft über sich geben
Hintergrund

Zwischen den Zeitgenossen Cathy Marston und Bryan Arias ist Kenneth Mac Millan der ehrwürdige Klassiker, keine Frage. Sein Concerto strahlt in neoklassischer Schönheit, mit einem lyrischen Pas de deux zwischen zwei Allegro-Sätzen voll klarer Linien. Der 1992 verstorbene Choreograf, der tatsächlich zum ersten Mal im Repertoire des Zürcher Balletts zu sehen ist, gilt heute als einer der Leuchttürme des modernen Handlungsballetts und, gemeinsam mit Frederick Ashton, als der grosse Bewahrer des britischen Balletterbes. Aber der Klassiker war eigentlich ein Rebell – als MacMillan 1970 zum Direktor des Royal Ballet in London ernannt wurde, da galt er eher als Aussenseiter, ihm wurde sogar vorgeworfen, das Ballett zu zerstören. Er brachte Sex, Tod und Psychosen ins klassische Ballett und veränderte auf seinem Weg vom «angry young man» zum «grand old man» das Genre ganz entscheidend, gewissermassen als der britische Spross der Nachkriegs- und Aufbruchsgeneration des modernen Balletts.
Im London der 1950er-Jahre kam niemand am Alleinherrscher Frederick Ashton vorbei, dem klassizistischen, feinsinnigen Chefchoreografen des Royal Ballet. Der junge Kenneth MacMillan war ein ausdrucksvoller, gross gewachsener Tänzer, aus einer armen schottischen Familie war er über ein Stipendium nach London gekommen und stand am Beginn einer schönen Karriere. Aber er litt unter extremer Bühnenangst und begann stattdessen, lieber selbst zu choreografieren. Bereits seine ersten kurzen Einakter hatten dunkle Themen: Er liess sich von Kafka und Anne Franks Tagebuch inspirieren, erzählte vom Missbrauch junger Mädchen. Im Schauspiel wurden zu dieser Zeit Werke von John Osborne oder Harold Pinter gezeigt, MacMillan war von der Nouvelle Vague aus Frankreich beeinflusst – und vom Bolschoi-Ballett, das damals zum ersten Mal in London gastierte und die hohen, athletischen Hebungen der sowjetischen Choreografen zeigte.
Kenneth MacMillans Freund John Cranko lud ihn nach Stuttgart ein, wo er wichtige Werke kreierte, bevor er 1966 für wenige Jahre Ballettdirektor der Deutschen Oper in West-Berlin wurde. Dort entstand Concerto als sein Antrittswerk. Der Pas de deux im zweiten Satz wurde durch das morgendliche Aufwärmen von Lynn Seymour inspiriert, die dramatische Ballerina war zur Muse des Choreografen geworden. Die Tänzerin hält sich an den Armen ihres Partners wie an einer Ballettstange, ihre Blicke treffen sich nur scheu zu Beginn und zum Ende ihres Duetts. MacMillan schuf das Werk auch, um sein neues Ensemble in einen klassisch-akademischen Gleichklang zu bringen; die weite Architektur und die sensible Musikalität, mit der er auf jazzige Synkopen in Dmitri Schostakowitschs Partitur reagierte oder zu den Marschrhythmen geometrisch perfekte Tänzer-Phalanxen auf die Bühne schickte, sorgten für einen spontanen Erfolg.
1970 kehrte der Choreograf ausgepowert und krank nach London zurück. MacMillan war kein glücklicher Mensch, er galt als einsam und depressiv, fühlte sich unsicher in seiner Arbeit. Seine gequälte Seele spiegelt sich in vielen seiner Werke, er brachte Themen ins klassische Ballett, die man dort nie gesehen hatte. Das Misstrauen gegen die hübschen, harmlosen Ballettmärchen war ein Zeichen der Zeit, auch andere jüngere Choreografen wie Maurice Béjart, Jerome Robbins oder Hans van Manen wollten lieber die Gegenwart und reale Menschen zeigen. Manche Motive ziehen sich beharrlich durch Mac Millans gesamtes Œuvre: körperliche Gewalt und Vergewaltigungen, die dysfunktionale Familie wie in Mayerling, jenem Drama über den Selbstmord des Thronfolgers Rudolf. Letztlich faszinierte ihn der Tod, den nicht nur viele seiner Protagonist:innen auf der Bühne erleiden, sondern dem er drei grosse, ergreifende Werke zu Vokalmusik widmete, damals noch eine ungewöhnliche Wahl für den Tanz. Das Lied von der Erde zeigt zu Gustav Mahlers Liederzyklus die Vergänglichkeit des Lebens vor der ewigen Natur, zu Gabriel Faurés Requiem klagt MacMillan den Tod mit wütendem Fäusteschütteln an, Gloria erinnert an die Toten des Ersten Weltkriegs. Er vertanzte Anton Tschechow und Georg Büchners Woyzeck, wurde neben Cranko zu einem der prägenden Meister des Literaturballetts.
MacMillans bleibende Klassiker sind seine Fassung von Sergej Prokofjews Romeo und Julia, noch immer die meistgetanzte Version in England und den USA, und die Kurtisanen-Geschichte Manon nach dem Roman des Abbé Prévost, mit einer Musik aus Werken von Jules Massenet. Mit Der Pagodenprinz erzählte er tatsächlich doch noch ein Märchen, kurz darauf entwarf er in The Judas Tree einen besonders brutale Szenerie. Neben seinen grossen, begehrten Ballerinenrollen schuf MacMillan auch unglaublich anspruchsvolle Parts für männliche Tänzer. Er veränderte den Pas de deux vollkommen, machte ihn stürmischer, gewagter, kraftvoller und komplizierter. Er brach die schönen Linien, legte manchmal explizite sexuelle Anspielungen oder auch rohe Gewalt in die Verschlingungen zweier Körper. Genau wie John Cranko ersetzte er die traditionelle Ballettpantomime durch eine natürlich fliessende Erzählsprache des gesamten Körpers. Zur apollinischen Klarheit des Balletts, für die Frederick Ashton bis dahin in London stand (und die MacMillan, siehe Concerto, ebenfalls beherrschte), kamen dionysische Exzesse, dieser Choreograf zeigte neben dem Schönen auch das Hässliche.
Nicht nur als Dramaturg und Erzähler machte Kenneth MacMillan das klassische Ballett expressiver, sondern vor allem als Bewegungsfinder, der jeden Tanzschritt, jede Berührung zweier Menschen, jeden Blick mit Emotion auflud. Der Choreograf starb selbst einen tragischen Tod: Im Alter von nur 62 Jahren brach er während des letzten Aktes von Mayerling hinter der Bühne des Royal Opera House zusammen. Ein erschüttertes Publikum verliess das Haus in Stille.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 122, April 2025.
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Biografien

Cathy Marston, Choreografie und Inszenierung / Szenarium
Cathy Marston
Die international renommierte Choreografin Cathy Marston besitzt sowohl die britische als auch die schweizerische Staatsbürgerschaft. Seit August 2023 ist sie Direktorin des Balletts Zürich. Ihre Tanzausbildung erhielt sie in Cambridge und an der Royal Ballet School London. Zwischen 1994 und 1999 tanzte sie im Ballett Zürich, im Ballett des Luzerner Theaters und beim Konzert Theater Bern. Von 2002 bis 2006 war sie Associate Artist des Royal Opera House London und von 2007 bis 2013 Ballettdirektorin am Konzert Theater Bern. Seit Jahren höchst erfolgreich als freischaffende Choreografin tätig, wurde Cathy Marston von einer Vielzahl namhafter internationaler Compagnien und Institutionen eingeladen. Kreationen entstanden unter anderem für das Royal Ballet, das Hamburg Ballett, das Königlich Dänische Ballett, das English National Ballet, das Northern Ballet, das Finnische Nationalballett, das Ballet Black, das National Ballet of Cuba sowie für die Opera Australia und die Hong Kong Academy of Performing Arts. In den letzten Jahren arbeitete sie vermehrt in den USA, so für das San Francisco Ballet, das American Ballet Theatre, das Houston Ballet und das Joffrey Ballet Chicago. In ihren choreografischen Arbeiten lässt sie grosse literarische Vorlagen im Tanz lebendig werden, ausserdem nähert sie sich bedeutenden historischen Persönlichkeiten auf ungewohnte und originelle Weise. Grosse Erfolge feierte sie mit ihren Ballettadaptionen Mrs. Robinson (nach Charles Webbs Roman The Graduate), Snowblind (nach Edith Whartons Roman Ethan Frome), Charlotte Brontës Jane Eyre und John Steinbecks Von Mäusen und Menschen. Ungewöhnliche Sichtweisen prägen auch ihre biografisch inspirierten Werke The Cellist, Victoria und Hexenhatz. Für ihr choreografisches Schaffen wurde Cathy Marston mehrfach ausgezeichnet, darunter mit einem South Bank Sky Arts Award und dem britischen National Dance Award. 2020 verlieh ihr das International Institute for Dance and Theatre einen Preis für Exzellenz im internationalen Tanz. Höhepunkt ihrer ersten Saison als Zürcher Ballettdirektorin war 2024 die Uraufführung von Atonement nach dem gleichnamigen Roman von Ian McEwan (Koproduktion mit dem Joffrey Ballet). Ausserdem waren in Zürich Cathy Marstons Stücke The Cellist und Snowblind zu sehen.

Bryan Arias, Choreografie
Bryan Arias
Bryan Arias ist Pädagoge, Tänzer, Regisseur und Choreograf. Geboren in Puerto Rico und aufgewachsen in New York, entdeckte er schon in jungen Jahren seine Liebe zum Tanz. Inmitten der vielfältigen Tanzformen und -stile in New York entwickelte sich seine Leidenschaft für Ballett und modernen Tanz. Engagements führten ihn als Tänzer zum Nederlands Dans Theater (NDT) und zu Crystal Pites Compagnie «Kidd Pivot». Sein choreografischer Weg ist geprägt von einer tiefgreifenden Erforschung menschlicher Emotionen und des menschlichen Daseins. Seine Werke befassen sich mit Themen wie persönlicher Identität, Verletzlichkeit, Widerstandsfähigkeit und der komplizierten Dynamik menschlicher Beziehungen. Choreografien entstanden u.a. für das NDT, das Ballett Zürich, das Bolschoi-Ballett, das Scottish Ballet, die Paul Taylor Company, das Leipziger Ballett, das Nürnberger Ballett, das Ballett Basel, das Berner Ballett und das Ballett Luzern. An der Wiener Volksoper war Bryan Arias 2024 Co-Regisseur und Choreograf von Bernsteins West Side Story. U.a. wurde er mit dem deutschen Theaterpreis «Der Faust», dem Jacobs Pillow Fellowship Award und dem Princess Grace Choreography Award ausgezeichnet.

Kenneth MacMillan, Choreografie
Kenneth MacMillan
Kenneth MacMillan war der führende Ballettchoreograf seiner Generation. Als Direktor des Balletts der Deutschen Oper Berlin, Chefchoreograf und Direktor des Royal Ballet London sowie Stellvertretender Direktor des American Ballet Theatre schrieb er Tanzgeschichte. Kaum ein Choreograf des 20. Jahrhunderts schuf solch eine Anzahl abendfüllender Werke, seine Versionen von Romeo und Julia (1965) und Manon (1974) entwickelten sich zu Klassikern und werden noch heute weltweit interpretiert. Es ist der Glaube an eine klassische Ausbildung, verknüpft mit einer starken Theatralik und einer tiefen moralischen Sensibilität, die das Ballett in seinen Händen nicht zu einer Märchen-Kunst, sondern zu einem einzigartigen Spiegel menschlicher Zerbrechlichkeit verwandelt.

Edward Kemp, Szenarium
Edward Kemp
Edward Kemp hat mit Cathy Marston bei über zwanzig Balletten zusammengearbeitet, darunter sieben für das Bern Ballett. Zu den jüngsten Kooperationen gehören Summer & Smoke (Houston/American Ballet Theatre), Of Mice and Men (Joffrey), Mrs. Robinson (San Francisco), The Cellist (Royal Ballet), The Suit (Ballet Black), Lady Chatterley’s Lover (Les Grands Ballets Canadiens de Montréal), Liaisons Dangereuses (Royal Danish Ballet) und ein Drehbuch für Disney +. Er hat Texte für Komponisten wie Sally Beamish, Victoria Borisova Ollas, Jason Carr, Tansy Davies, Terry Davies, Peter Eötvös, Stuart MacRae, Julian Philips und Gary Yershon verfasst. Für die Bühne entstanden u. a. King James Bible (National Theatre), The Mysteries (Royal Shakespeare Company) sowie Dramatisierungen von Bulgakows Meister und Margarita (Chichester/Complicite/Avignon), Lessings Nathan der Weise (Chichester/Off-Broadway/Shaw Festival) und Faulkners As I Lay Dying (Baton Rouge). Ausserdem übertrug er Werke von Brecht, Goldoni, Kleist, Lorca, Prokofjew, Molière, Racine und Sibelius und übersetzte Romane von Paul Auster, Eca De Queiros, Charles Dickens, Knut Hamsun, Ted Hughes, Salman Rushdie und WG Sebald. Er schrieb Dramen und Komödien für BBC Radio und führte Regie bei Theaterstücken und Musicals in Grossbritannien und in den USA, u. a. am National Theatre, Royal Court und Chichester, von Autoren von Gertrude Stein bis Shakespeare, Alan Bennett bis Stephen Sondheim. Von 2008 bis 2021 war er Direktor und Chief Executive der Royal Academy of Dramatic Art (RADA). Heute ist er Chief Executive des Royal Literary Fund, der ältesten literarischen Wohltätigkeitsorganisation Grossbritannien.

Robert Houssart, Musikalische Leitung
Robert Houssart
Robert Houssart wurde in Haarlem, Holland geboren und wuchs in England auf. Sein Debüt gab er am Adelaide Festival mit der australischen Premiere von Ligetis Le Grand Macabre. Seit Beginn seiner Karriere arbeitet er als Pianist, Gesangslehrer und Dirigent am La Monnaie, der English National Opera, der Opera North und der Opéra Comique sowie am Theater an der Wien. Weitere Engagements führten ihn an die Opéra National du Rhin in Stassbourg, an das Ballett der Semperoper in Dresden, ans Staatstheater Mainz, die Opera North, Opéra in Rouen, das Hallé Orchestra, Aalborg Symphony Orchestra, die Longborough Festival Opera, das Aalto Theater in Essen, Royal Conservatoire in Schottland, Luzerner Theater und an die Royal Opera, Covent Garden. Seit 2018 ist er Hausdirigent an der Königlichen Oper in Kopenhagen. Dort hat er rund 150 Opern- und Ballettaufführungen dirigiert, darunter neue Opern wie Manualen von Louise Alenius sowie The Exterminating Angel, Powder Her Face und The Dante Project von Thomas Adès. 2019 leitete er die Uraufführung von Hans Abrahamsens Die Schneekönigin. Dreimal wurde er mit dem dänischen Reumert-Preis für die «Oper des Jahres» ausgezeichnet.

Terry Davies, Musik
Terry Davies
Der englische Komponist Terry Davies schreibt Musik für Tanz, Film, Fernsehen, Theater und den Konzertsaal. Er ist Associate Artist der Tanzcompagnie “New Adventures von Matthew Bourne, für die er The Midnight Bell, Lord of the Flies, Dorian Gray, Edward Scissorhands, Play Without Words und The Car Man komponiert hat. Ausserdem hat er Matthew Bournes The Red Shoes und Romeo and Juliet orchestriert. Zahlreiche Partituren entstanden für das National Theatre, die Royal Shakespeare Company, das Londoner West End und das Fernsehen. Er dirigierte die Musik für etwa 80 Spielfilme, darunter Hard Truths, Bank of Dave, Chevalier, Mr. Turner, La Giovinezza, The King's Speech, Florence Foster Jenkins, Brideshead Revisited, Kinky Boots und Shakespeare in Love. Ausserdem dirigiert er Orchester bei Live-Filmvorführungen und ist ein Liebhaber von Stummfilmen, die er oft live am Klavier begleitet. Terry Davies gewann einen Olivier Award für seine Filmmusik zu Play Without Words und wurde für einen BAFTA TV Award für seine Songs zu Tipping the Velvet nominiert. Derzeit komponiert er für die BBC-Fernsehserie The Scarecrow's Wedding und für den Animationsfilm The Land of Sometimes.

Jürgen Rose, Bühnenbild und Kostüm
Jürgen Rose
Jürgen Rose wurde in Bernburg/Saale geboren und studierte an der Akademie der Bildenden Künste Berlin sowie an der dortigen Schauspielschule von Marlise Ludwig. 1959/60 erhielt er ein erstes Engagement als Bühnen- und Kostümbildner sowie als Schauspieler an den Städtischen Bühnen Ulm. Von 1961 bis 2001 war er als Kostüm- und Bühnenbildner an den Münchner Kammerspielen tätig. Es folgten Ausstattungen für über 350 Stücke in den Bereichen Ballett, Schauspiel, Oper und Operette u.a. in Hamburg, Stuttgart, Berlin, München, Wien, London, Paris, Mailand und New York sowie bei den Bayreuther und Salzburger Festspielen. Eine enge Zusammenarbeit verband ihn mit dem Choreographen John Cranko für Produktionen wie Romeo und Julia, Schwanensee, Der Feuervogel, Onegin, Poème de l’extase und Spuren. Ein weiterer wichtiger Partner ist John Neumeier, für den er u.a. die Bühnen- und Kostümdesigns für Daphnis und Chloë, Der Nussknacker, Illusionen – Wie Schwanensee, Ein Sommernachtstraum, Dornröschen, Die Kameliendame, Peer Gynt und A Cinderella Story kreierte. Zu seinen jüngsten Arbeiten für das Stuttgarter Ballett zählen eine neue Ausstattung für Kenneth MacMillans Mayerling sowie 2022 das Bühnen- und Kostümbild für Edward Clugs Der Nussknacker. Seit 1996 erarbeitete Jürgen Rose zudem als Regisseur auch eigene Operninszenierungen, darunter Werther, Norma, Don Carlo und Das schlaue Füchslein an der Bayerischen Staatsoper. 2015 wurde eine Auswahl aus Jürgen Roses Gesamtwerk in einer Doppelausstellung des Deutschen Theatermuseums und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste präsentiert. Von 1973 bis 2000 unterrichte er als Professor für Bühnenbild an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.

Jim French, Lichtgestaltung
Jim French
Jim French entwirft Lichtdesigns für die darstellenden Künste und Live-Veranstaltungen. Seine Arbeiten waren bisher in mehr als fünfundzwanzig Ländern rund um den Globus zu sehen. Zu den Höhepunkten im Tanzbereich zählen mehr als 25 Uraufführungen für das San Francisco Ballet, neun Spielzeiten als Resident Designer für das Cedar Lake Contemporary Ballet und die langjährige Zusammenarbeit mit den Choreografen Val Caniparoli, Amy Seiwert, Pascal Rioult und mit der Vertical Dance Company Bandaloop. In seiner Heimat San Francisco hat er mit dem Alonzo King Lines Ballet, dem Smuin Contemporary Ballet, Opera Parallele, den Shotgun Players, dem Kronos Quartet, der Joe Goode Performance Group, ODC Dance, Post:Ballet, SF Danceworks und der West Edge Opera zusammengearbeitet und war Lichtdesigner bei SF Jazz. International arbeitete er für das Finnische Nationalballett, das American Ballet Theatre, das Joffrey Ballet, das Ballet West, das Ballett Basel, Hubbard Street Dance Chicago, das Nederlands Dans Theater, das Pacific Northwest Ballet, das Houston Ballet, Carte Blanche, das Opera Ballet Vlaanderen und das LA Dance Project. Jim French hat die Beleuchtung für den Global Climate Action Summit entworfen und arbeitet ehrenamtlich für Dancers Responding to AIDS und Bike East Bay.

Lukas Marian, Bühnenbild und Lichtgestaltung
Lukas Marian
Lukas Marian ist ein Schweizer Lichtdesigner und Bühnenbildner. Er absolvierte seine Ausbildung zum Veranstaltungsmeister am Theater Basel. In dieser Zeit entstanden erste Arbeiten für das Ballett Basel unter der Leitung von Richard Wherlock. Seit 2020 ist Lukas Marian freischaffend tätig und mehrheitlich auf Tanzproduktionen spezialisiert. Er entwirft Konzepte für renommierte Choreografen wie Marcos Morau, Jo Strømgren oder Edouard Hue und ist fester Bestandteil der Kreativteams von Choreografen wie Bryan Arias, Alba Castillo, Frank Fannar Pedersen, Javier Rodríguez Cobos und Muhammed Kaltuk. Ausserdem ist Lukas Marian technischer Leiter der international agierenden Tanzkompanie «Snorkel Rabbit» und verantwortet bei diversen Tour-Produktionen im Musik- und Tanzbereich die technische Produktionsleitung. In den vergangenen Jahren entstanden zahlreiche Produktionen, u.a. für das Ballett Basel, das Ballett Zürich, das Bern Ballett, TanzLuzern, die Tanzkompanie St. Gallen, das Bolschoiballett, das Philadelphia Ballet, die Gibney Company, das Leipziger Ballett, das Ballett Nürnberg, das Stuttgarter Ballett, das Ballet de Genève, das Ballet de l’Opéra national du Rhin und La Veronal.

Patrick Kinmonth, Bühnenbild und Kostüm
Patrick Kinmonth
Patrick Kinmonth arbeitet als Opernregisseur, als Bühnen- und Kostümbildner für Opern- und Ballettproduktionen sowie als Kurator, Publizist, Designer, Innenausstatter, Fotograf, Maler und Creative Director für die britische Vogue. Er schuf die Ausstattung für Produktionen an Opernhäusern in Amsterdam, Barcelona, Madrid, Brüssel, London, Venedig, Mailand, Wien und Köln sowie für die Festspiele in Aix-en-Provence. Er kuratierte zudem Ausstellungen für Museen wie die National Portrait Gallery in London, das Metropolitan Museum of Art New York und das Museum Thyssen-Bornemisza Madrid. Mit Robert Carsen verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit, so zeichnet er u.a. für die Ausstattung von La traviata, Der Ring des Nibelungen, Jenůfa und Katja Kabanova verantwortlich. Als Regisseur inszenierte er zuletzt Die Gezeichneten und Tannhäuser an der Oper Köln und La clemenza di Tito am Badischen Staatstheater Karlsruhe. Er arbeitet zudem eng mit den Choreografen Fernando Melo und Pontus Lidberg zusammen. Für sie schuf er die Ausstattungen für Ballettabende in Göteborg, am Gärtnerplatztheater in München, am Luzerner Theater, an der Semperoper Dresden, für das Griechische Nationalballett und das San Francisco Ballett. Zudem sind 2019 Arbeiten für das Ballet de Opéra national de Paris und das American Ballet Theatre at the Metropolitan Opera geplant.

Bregje van Balen, Kostüme
Bregje van Balen
Bregje van Balen wurde im niederländischen Haarlem geboren und an der Nationalen Ballettakademie in Amsterdam zur Tänzerin ausgebildet. Achtzehn Jahre war sie Mitglied des Nederlands Dans Theaters. Schon während ihrer aktiven Zeit als Tänzerin war sie wiederholt als Kostümbildnerin tätig und absolvierte nach ihrem Abschied von der Bühne die Amsterdamer Baruch Fashion Academy. Sie entwarf Kostümbilder für Tanz und Theater, so u.a. für das Nederlands Dans Theater, das Norwegische Nationalballett, das Gothenburg Ballet, das Hamburg Ballett, Introdans, Aterballetto, das Győr Ballett, das Royal Swedish Ballet, das Royal Danish Ballet , das Bolschoitheater, das Stanislavski-Theater Moskau, die Opéra de Lyon, Les Grands Ballets Canadiennes, das Alvin Ailey Dance Theatre, das Staatstheater Mainz, das Theater am Gärtnerplatz und das Nationaltheater Mannheim. Dabei arbeitete sie mit Choreografen wie Patrick Delcroix, Jorma Elo, Medhi Walerski, Cathy Marston, Alexander Ekman, Johan Inger und Jo Strømgren zusammen.

Michael Küster, Dramaturgie
Michael Küster
Michael Küster stammt aus Wernigerode (Harz). Nach dem Studium der Germanistik, Kunst- und Sprechwissenschaft an der Universität Halle war er Moderator, Autor und Sprecher bei verschiedenen Rundfunkanstalten in Deutschland. Dort präsentierte er eine Vielzahl von Klassik-Programmen und Live-Übertragungen wichtiger Konzertereignisse, u. a. aus der Metropolitan Opera New York, der Semperoper Dresden und dem Leipziger Gewandhaus. Seit 2002 ist er Dramaturg am Opernhaus Zürich, u. a. für Regisseure wie Matthias Hartmann, David Alden, Robert Carsen, Moshe Leiser/ Patrice Caurier, Damiano Michieletto, David Pountney, Johannes Schaaf und Graham Vick. Als Dramaturg des Balletts Zürich arbeitete Michael Küster seit 2012 u. a. mit Cathy Marston, Marco Goecke, Marcos Morau, Edward Clug, Alexei Ratmansky, William Forsythe, Jiří Kylián und Hans van Manen, vor allem aber mit Christian Spuck zusammen (u. a. Romeo und Julia, Messa da Requiem, Winterreise, Dornröschen). An der Mailänder Scala war er Dramaturg für Matthias Hartmanns Operninszenierungen von Der Freischütz, Idomeneo und Pique Dame.