Wie du warst! Wie du bist!

Music theater by Simon Steen-Andersen

From 20. September 2025 until 11. July 2026

  • Duration :
    approx. 1 H. 30 Min. Without intermission.
  • More information:
    The premiere celebration on 20 September 2025 will take place afterwards in the box office foyer.
    Surtitles in English for spoken text.
    Surtitles in German and English for sung passages.

Director:
Simon Steen-Andersen

Simon Steen-Andersen

Simon Steen-Andersen, geboren 1976 in Dänemark, ist ein in Berlin lebender Komponist und Regisseur mit einem transdisziplinären Ansatz in Bezug auf Musik und Theater. Seine Werke bewegen sich zwischen Musik, Performance, Theater, Installation, Choreografie und Film. Simon Steen-Andersen wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Reumert Award («Oper des Jahres» in Dänemark, 2024), der Carl Preis (2024, 2020, 2015), der SWR-Orchesterpreis (2019, 2014), der Mauricio-Kagel-Musikpreis und der Ernst von Siemens-Komponistenpreis (2017), der Musikpreis des Nordischen Rates (2014) und der Carl-Nielsen-Ehrenpreis (2013). Simon Steen-Andersen studierte Komposition bei Rasmussen, Spahlinger, Valverde und Sørensen in Aarhus, Freiburg, Buenos Aires und Kopenhagen (1998–2006). Seit 2016 ist Steen-Andersen Mitglied der Akademie der Künste Berlin und seit 2018 unterrichtet er Komposition und Musiktheater an der Hochschule der Künste Bern.

Wie du warst! Wie du bist!20 / 21 / 25 Sept / 2 / 3 Oct 2025 / 4 / 5 / 10 / 11 Jul 2026
Music Direction:
Stefan Schreiber

Stefan Schreiber

Stefan Schreiber was born in Duisburg and is a pianist and conductor specializing in contemporary concert and opera repertoire. Following positions as head of musical studies at the Staatsoper Hannover (2001–2006) and the Staatsoper Stuttgart (2006–2012, 2015–2018), he has developed a close collaboration with composers such as Hans-Joachim Hespos, Helmut Lachenmann (world premiere of GOT LOST, Württembergischer Kunstverein 2011; invited to the Bern Biennale 2014), Chaya Czernowin, and Ming Tsao.

His most recent work includes, among others, “The Seven Deadly Sins / Seven Heavenly Sins” by Kurt Weill and Peaches at the Staatsoper Stuttgart (2019/20), Franz Schubert’s “Winterreise” (in the orchestral version by Hans Zender) in collaboration with video artist Arnout Mik (Staatsoper Stuttgart, 2020), the spatial realization of the score of Luigi Nono’s “Intolleranza 2021” in collaboration with Johannes Harneit (Wuppertaler Bühnen 2021/22), as well as Mauricio Kagel’s “Staatstheater” (directed by Lydia Steier and Matthias Piro) at Theater Luzern at the beginning of the 2021/22 season.

He appeared at the Bayreuth Festival with Simon Steen-Andersen – including the staged concert “Spinne, Schwester!” (Haus Wahnfried, 2019) and the video work “The Loop of the Nibelung” (2020). CD recordings with Kairos document his collaboration with Ming Tsao (Die Geisterinsel, 2014; Plus Minus, 2017).

Wie du warst! Wie du bist!20 / 21 / 25 Sept / 2 / 3 Oct 2025 / 4 / 5 / 10 / 11 Jul 2026
Dramaturgy:
Roman Reeger

Cast


Mezzosopran Liliana Nikiteanu

Liliana Nikiteanu

Liliana Nikiteanu studied at the Conservatory in Bucharest. Her first permanent engagement was in 1986 at the Music Theatre in Galați. She has won numerous awards, and in 2000, Opernwelt named her “Best Young Singer of the Year.” Her repertoire includes over 80 roles, which she has performed in Zurich—where she has been an ensemble member since 1991—as well as at other opera houses. These include Octavian (Der Rosenkavalier) at the Opéra Bastille, the Vienna State Opera, and the Hamburg State Opera; Ježibaba (Rusalka) in Montreal; Sesto (La clemenza di Tito) in Dresden; Rosina (Il barbiere di Siviglia) in Vienna and Munich; Dorabella (Così fan tutte) in Dresden, Munich, Salzburg, and Aix-en-Provence; Fyodor (Boris Godunov) in Salzburg; Marguerite (La damnation de Faust) in Brussels; and Dulcinée (Don Quichotte) at the Theater an der Wien. In Zurich, she has performed all the Mozart roles of her voice type, as well as parts such as Lyubasha (The Tsar’s Bride), the Nurse in Dukas’s Ariane et Barbe-Bleue, and Fricka (Das Rheingold).

As a concert singer, her repertoire ranges from Bach to Berio. She has performed Haydn’s Berenice in Bamberg under Adam Fischer, Berlioz’s Les nuits d’été in Paris under Heinz Holliger, Verdi’s Requiem in Copenhagen, and Bruckner’s Te Deum in Tel Aviv and Haifa under Zubin Mehta. Influential conductors in her career include Nikolaus Harnoncourt, Claudio Abbado, Fabio Luisi, Franz Welser-Möst, John Eliot Gardiner, René Jacobs, and Philippe Jordan. Most recently in Zurich, she has been heard as Tisbe (La Cenerentola), Frau Waas / Frau Mahlzahn (Jim Knopf), Praskowia (Die lustige Witwe), Mama (Wir pfeifen auf den Gurkenkönig), and Sir Pumpkin (Around the World in 80 Days).

Le nozze di Figaro24 / 29 Jan / 1 / 5 / 7 / 10 / 14 Feb 2026 Wie du warst! Wie du bist!20 / 21 / 25 Sept / 2 / 3 Oct 2025 / 4 / 5 / 10 / 11 Jul 2026
Ganze Besetzung anzeigen Weniger anzeigen
Francesco Palmieri, Guitar
Azra Ramic, Clarinet
Antonio Jiménez Marín, Trombone
Romane Bouffioux, Percussion
Melda Umur, Double bass

Abstract

“Time, it is a strange thing,” sings the Marschallin in “Der Rosenkavalier”, “sometimes I hear it flowing.” At the start of the new season, Simon Steen-Andersen sets out in search of this “sound of time.” His journey leads him deep into the understage of the Zurich Opera House and into the interwoven stories of the house itself and its younger neighbor, the Bernhard Theater.

At the center of this exploration stands Liliana Nikiteanu, a permanent ensemble member of the Opera House for 34 years. Once celebrated as the youthful lover Octavian, she now appears herself like a Marschallin of real life: a figure of wisdom and reflection, looking back on an extraordinary career.

Steen-Andersen playfully intertwines echoes of the opera season with the characteristic formats of the Bernhard Theater. Like in a fever dream, the boundaries blur between fiction and reality, past and present, opera and life, as the performance drifts back and forth between the Opera House’s understage and the subconscious of its longest-serving member.

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Good to know

Auf den Spuren des Zeitklangs

Simon, was bedeutet dir die Oper?

Für mich ist Oper ein schräges, widersprüchliches Artefakt. Sie erzählt uns viel über die Zeit, in der sie entstanden ist.  Als Kunstform hat sie sich stark ausdifferenziert, dann aber irgendwann aufgehört, sich weiterzuentwickeln. Ich habe die Oper erst spät für mich entdeckt – ich betrachte sie als eine Art «Objet Trouvé»: ein gefundenes Kunstprodukt, das gleichermassen absurd wie wunderbar ist. Mich interessiert nicht nur die Musik, sondern auch die Institution, ihre Rituale und ihre Interpretationsgeschichte, ihre stilisierten Eigenarten. Durch diese Distanz und das spielerische Arbeiten habe ich die Oper auch innerlich entdeckt. Heute bekomme ich bei manchen Stellen, die mich früher komplett kalt gelassen hätten, tatsächlich Gänsehaut. Für mich können Erlebnisse gleichzeitig aufrichtig und ironisch sein – diese beiden Ebenen müssen sich nicht widersprechen, sie bereichern sich gegenseitig.

Du bist Komponist, Regisseur und Videokünstler in Personalunion. Wie vereinst du diese Rollen bei der Arbeit von «Wie du warst! Wie du bist!»?

Für mich gibt es keine scharfen Grenzen zwischen diesen Tätigkeiten. Alles ist Teil einer erweiterten Komposition. Ob ich Musik schreibe, mit Licht arbeite, eine Szene inszeniere oder Videomaterial einfüge – alles ist immer Teil desselben künstlerischen Prozesses. Ich arbeite sehr eng mit den Musiker:innen zusammen, passe Material an, berücksichtige den Raum und seine Akustik, achte auf Sichtachsen und entwickle Ideen während der Proben weiter. Für mich ist ein Stück erst mit der Aufführung «fertig». Wenn ich Regie führe, tue ich nichts grundsätzlich anderes, als wenn ich an einer instrumentalen Komposition arbeite. Ich ziehe aus allen Erfahrungen, die ich schon gesammelt habe, und bleibe meiner Arbeitsweise treu. Es geht nicht darum, so zu arbeiten wie ein klassisch ausgebildeter Regisseur, sondern um eine hoffentlich andere Perspektive auf dasselbe Feld. Das führt zwangsläufig zu anderen Ergebnissen – und genau darin sehe ich ein grosses Potenzial.

Für «Wie du warst! Wie du bist!» arbeitest du mit der Ensemble-Mezzosopranistin Liliana Nikiteanu. Ihr habt Interviews geführt und gemeinsam Material ausgesucht. Wie bist du an diese dokumentarische Ebene herangegangen?

Eigentlich gehe ich dabei genauso vor wie bei meinen früheren Projekten mit «Fundstücken». Alles, was an einem Ort »herumschwebt« – seien es physische Dinge oder Erinnerungen – kann kompositorisch verarbeitet werden. In «Wie du warst! Wie du bist!» ist Liliana Nikiteanu selbst dieser «Ort». Ihre Erinnerungen, ihre Gedanken, ihre unterbewussten Bilder sind ein Echoraum. Weil sie seit Jahrzehnten Teil dieses Hauses ist, gehören auch die Räume, in denen sie gesungen hat, und die Spuren, die sie dort hinterlassen hat, zu diesem Resonanzraum. Insofern ist das Stück dokumentarisch – aber auf eine Weise, die für mich direkt aus der Arbeit mit Objekten und Orten erwachsen ist.

In deinem Stück tauchen ganz unterschiedliche musikalische Quellen auf – von Strauss’ «Rosenkavalier» zu Verdis «La forza del destino», von Marschners «Der Vampyr» bis hin zu einem rumänischen Volkslied. Nach welchen Kriterien wurde diese Auswahl getroffen?

Es gab zwei Hauptfilter. Erstens: Das Material musste mit Liliana Nikiteanu verbunden sein – also etwas, das sie selbst gesungen hat oder das in ihrem Gedächtnis präsent ist. Zweitens: Ich habe das Spielzeitprogramm des Opernhauses als zusätzlichen Filter genutzt. So entstand eine Spiegelung zwischen unserem Projekt und den Produktionen auf der grossen Bühne. Mir ging es dabei nicht um ein Gegeneinander von Original und Bearbeitung, sondern um einen Dialog. Wenn man bekannte Werke neu kontextualisiert, entdeckt man darin neue Facetten – und kehrt mit frischen Augen und Ohren auch zum Original zurück. Genau dieser Dialog ist für mich besonders spannend.

Der Titel zitiert die berühmte Szene zwischen Octavian und der Marschallin aus Strauss’ «Rosenkavalier» und verweist auf ein zentrales Thema deiner Arbeit: die Zeit...

Das Thema beschäftigt mich weniger abstrakt-musikalisch, sondern eher als konkret erlebtes Phänomen: der Abstand zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Das kann mit Nostalgie zu tun haben – aber in einem abstrakten Sinn: Ohne einen spezifischen Bezug wird die Zeit somit selbst zum Gegenstand der Nostalgie. Alte Tonaufnahmen oder brüchiges Videomaterial faszinieren mich gerade deshalb, weil sie diesen Abstand in sich tragen. Man spürt die Zeit fast physisch. Dieses Erlebnis möchte ich im Stück hör- und sichtbar machen.

Wie klingt Zeit für dich?

Am stärksten erfahrbar wird Zeit für mich durch ihre Spuren – Archivmaterial, alte Tonaufnahmen, unscharfes Videomaterial. Gerade dort, wo die Technik ihre «Narben» und Imperfektionen zeigt, wird der Abstand zur Vergangenheit unmittelbar spürbar. Gleichzeitig kann dieselbe Musik im Hier und Jetzt völlig neu wirken. Ein Live-Konzert mit 300 oder 400 Jahre alter Musik ist ein Erlebnis in der Gegenwart – es fühlt sich brandneu an. Aber sobald man sich bewusst macht, wie alt diese Musik eigentlich ist, entsteht ein zweiter Layer: das Staunen über die Zeit, die dazwischenliegt. Dieses gleichzeitige Er-leben von Jetzt und Vergangenheit ist für mich besonders bewegend – manchmal rührt es mich zu Tränen.

Welche Rolle spielt der Aufführungsort, das Bernhard-Theater?

Dass wir mit «Wie du warst! Wie du bist!» im Bernhard-Theater spielen, war von Beginn an zentral für das Projekt. Das Bernhard Theater bringt seine eigene Geschichte, seine Ästhetik und sein Publikum mit. Damit entsteht eine spannende Reibung zur grossen Opernbühne. Man könnte sagen, das Bernhard-Theater fungiert als weiterer Filter: Opernmaterial wird hier nicht nur ernsthaft, sondern auch spielerisch, komisch oder populär erfahrbar, indem es sich mit Elementen wie Bingo oder Musical verbindet. Die Reflexion zwischen grosser und kleiner Bühne, zwischen Opernhaus und Boulevardtheater, eröffnet neue Bedeutungen. Beide Publika – die traditionellen Opernliebhaber und die Bernhard-Theater-Besucher – begegnen etwas Vertrautem, das aber in verschobenen Kontexten erscheint. Sie erleben Bekanntes neu und erhalten zugleich neue Perspektiven auf den Ort selbst.